In den letzten Jahren hat sich bei der nachhaltigen Besetzung von Ausbildungsplätzen eine negative Entwicklung gezeigt. Das Land Berlin ist mit einer sehr hohen Anzahl an Ausbildungsabbrüchen besonders betroffen. Die Pandemie hat die Lage zusätzlich verschärft, die Ausbildungsbereitschaft der KMUs geschwächt und den Zugang zu den Jugendlichen schwerer gemacht. Finanzielle Anreize wie die Ausbildungsprämie werden womöglich nicht ausreichen, um die einzelnen Betriebe dazu zu bewegen, in Ausbildung zu investieren. Kooperation in Netzwerken kann hingegen eine Schlüsselrolle spielen: Erfahrungen und Ressourcen werden gebündelt und innovative Ideen entwickelt, um motivierte und talentierte Jugendliche zu erreichen.
Ein Beispiel gelungener Kooperation ist das Berliner Unternehmensnetzwerk Großbeerenstrasse, das 2008 im Industriegebiet Mariendorf-Marienfelde entstanden ist. Das gemeinsam entwickelte Berufsorientierungsprojekt „Potentiale, Planspiele, Praxis – P3!“ wurde letztes Jahr vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) als „Innovatives Netzwerk 2020“ ausgezeichnet (zur Projektbeschreibung). René Mühlroth, im Netzwerkvorstand zuständig für die Ausbildung, hat uns in einem ausführlichen Gespräch erzählt, wie es dank der Kooperation mit den Betrieben im Netzwerk und mit den Schulen möglich geworden ist, Ansätze der Berufsorientierung umzusetzen, die sowohl den Interessen und Bedürfnissen der Jugendlichen als auch der Betriebe entsprechen. Das Ergebnis: motiviertere Auszubildende und weitaus weniger Ausbildungsabbrüche (zum Gespräch mit René Mühlroth).
Netzwerke spielen auch bei den Projekten eine große Rolle, die letztes Jahr im Rahmen des Wettbewerbs „InnoVET: Zukunft gestalten – Innovationen für eine exzellente berufliche Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ausgewählt wurden. Zu den 17, die gefördert werden, um bis 2024 ihre Konzepte zu erproben, gehört „BM = x³ - Bildung in Mikro- und Nanotechnologie durch exzellente Berufe, Lernorte und Kooperationen“. Das Projekt entwickelt eine überregionale Berufsbildungsakademie als offene dezentrale Struktur für den Hochtechnologiebereich. Unternehmen, Bildungsanbieter und -institutionen sowie Forschungseinrichtungen werden miteinander vernetzt und ihr Austausch untereinander angeregt. Bestehende Kompetenzen und Infrastrukturen werden aktiviert, gebündelt und sichtbar gemacht. Zur Unterstützung der Akademie wird eine digitale Lernplattform aufgebaut und erprobt. Um die Qualität und Attraktivität der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung zu verbessern, entwickelt das Projekt Bildungsmodule entlang von Lernfeldern eines interdisziplinären „Berufeclusters für Hochtechnologien". Die Module können als nicht-kodifizierte Zusatzqualifikationen (ZQ) angeboten oder in neue bzw. bestehende Aus-, Fort- und Weiterbildungen integriert werden. Sie lassen sich nach dem Baukastenprinzip an den individuellen Qualifizierungsbedarf anpassen und kombinieren.
Verbundkoordinator ist das Ferdinand-Braun-Institut gGmbH, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). Weitere Berliner Partner sind die Lise-Meitner-Schule Berlin (LMS) Oberstufenzentrum Chemie, Physik und Biologie und die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin – DE:HIVE (HTW).