„Von der Improvisation zum Pragmatismus“ – Ein Rückblick auf fünf Jahre ARRIVO BERLIN als Projektverbund

2016 schlossen sich einige Pilotprojekte zum ARRIVO BERLIN –Projektverbund zusammen, der heute zehn Bereiche umfasst. Mit Förderung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und in Zusammenarbeit mit den relevanten Kammern, Wirtschaftsverbänden und Berliner Projektträgern begleitet die Ausbildungsinitiative geflüchtete Menschen auf ihrem Weg in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

BT hat mit Nadja Türke (Projektleitung ARRIVO BERLIN Servicebüro für Unternehmen), Alexander Fourestié (Projektleitung ARRIVO BERLIN Hospitality) und Dr. Johnny Van Hove (Projektleitung Technische Koordinierung, BUS gGmbH) gesprochen.

Wie hat es mit ARRIVO angefangen? Was war daran neu?

Van Hove: Die Keimzelle von ARRIVO BERLIN war das Pilotprojekt ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten-Parkour (das heutige ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten). Es startete 2014, mit Unterstützung der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, der Handwerkskammer Berlin und von Innungen und Betrieben. Ziel war, geflüchtete Menschen mit Sprachkursen und praktischer Arbeit in Übungswerkstätten auf den Berufseinstieg im Handwerksbereich vorzubereiten und mit Unternehmen zusammenzubringen. Diese Grundidee - geflüchtete Menschen mit Arbeitsmarktintegration und Fachkräftesicherung zusammen zu denken - war damals eine große Erneuerung. ARRIVO BERLIN arbeitet genau an dieser Schnittstelle, und das Ursprungsprojekt entstand gerade im Rahmen einer landesweiten Kampagne namens „Flüchtling ist kein Beruf“. Schon dieses Motto zeigt, was für einen weiten Weg wir zurückgelegt haben. Heute ist es eine gesellschaftliche Realität, dass sich Geflüchtete zügig in den Arbeitsmarkt integrieren, aber das war damals in keinem Fall Standard.

2015 ist ARRIVO BERLIN Hospitality entstanden. Wie kam es dazu?   

Fourestié: Als wir angefangen haben, war die Lage ganz anders als heute. Die kiezküchen Gmbh (Träger von ARRIVO BERLIN Hospitality), eine Tochtergesellschaft des bildungsmarkt Unternehmensverbundes, hat eines ihrer Bildungszentren in Moabit, in der Nähe des LAGESO. Das Straßenbild hat damals klar gezeigt, was in der Welt und in Berlin gerade passiert. Wir hatten mit Menschen zu tun, die hochmotiviert waren, aber noch kein Deutsch sprachen und obdachlos waren, weil sie von der Stadt in aller Eile nicht beherbergt werden konnten. Von August bis Dezember herrschte noch Improvisation, was die Versorgung dieser Menschen anging. Wir waren erstmal damit beschäftigt, Eilanträge beim Verwaltungsgericht zu stellen, damit die Menschen ein Taschengeld ausgezahlt bekommen und sich selbst ernähren konnten; wir hatten mit NGOs zu tun, die Unterkünfte auf eigene Faust organisiert haben, teilweise über Facebook-Gruppen. Es war, verglichen zu heute, sehr wenig strukturiert, teilweise ziemlich abenteuerlich. Wir haben dann angefangen, Sprachkurse auf elementarstem Niveau und Praktika in den gastronomie- und bildungszentren, also den Ausbildungsrestaurants der kiezküchen anzubieten, mit Menschen, die noch kein Deutsch konnten, aber große Lust hatten, etwas aus ihrer Zukunft zu machen. Und dann ist es relativ zügig, binnen eines dreiviertel Jahres, in geordneteren Bahnen verlaufen: Wir haben uns zu diesem Zeitpunkt mit den Projekten „Übungswerkstätten“ und „Ringpraktikum“ zusammengeschlossen. Erst 2016 ist ARRIVO BERLIN zur gemeinsamen Marke geworden. Es sind weitere Teilprojekte dazugekommen und der Verbund ist auf 10 Teilprojekte gewachsen.

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Betrieben entwickelt?

Türke: Wir als ARRIVO BERLIN Servicestelle für Unternehmen sind auch 2016 gestartet, als Anlaufstelle für die Betriebe, die Geflüchtete ausbilden oder beschäftigen wollen. Wir beraten bei Fragen zur betrieblichen Integration, zu geeigneten Fördermöglichkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Bedarf war sehr groß. Wir hatten damals viele Anfragen von Unternehmen, die sich sozial engagieren wollten und Praktika angeboten haben, mit Angeboten für Ausbildungsstellen oder Arbeitsplätzen aber noch zurückhaltender waren. Mittlerweile hat sich bei uns ein schöner Pragmatismus durchgesetzt. Es ist inzwischen so, dass die Unternehmen auf uns zukommen, und es ist ihnen egal, wo jemand herkommt: sie brauchen einfach Leute!

Was waren die großen Anforderungen, damals, und wie hat sich Ihre Arbeit bis heute verändert?

Fourestié: Auf der psychologischen Ebene ist es für die Teilnehmer*innen sehr wichtig, ob sie sich akzeptiert und anerkannt fühlen. Die Rahmenbedingungen spielen dabei eine große Rolle, und da ist seit 2015 irrsinnig viel geschehen. Im Februar 2016 saßen wir im Estrel Hotel bei der ersten Jobbörse für Geflüchtete.  Damals gab es so was wie die Ausbildungsduldung noch nicht. Das heißt, wir haben damals versucht, Menschen zu einer Ausbildung zu verhelfen, die nicht wussten, ob sie bleiben dürfen. Damit hatten auch die Arbeitgeber*innen, die diese Auszubildenden beschäftigen wollten, keine sichere Perspektive. Eine große Unsicherheit für alle Beteiligten – die Menschen, in deren Zukunft investiert wird und jene, die in diese Zukunft investieren. Mit der Ausbildungsduldung wurde Sicherheit für beide Seiten geschafft. Gleichzeitig hat es in der Gesellschaft einen großen Umschwung gegeben. 2015 wurden Geflüchtete euphorisch willkommen geheißen, zwei Jahre später war die Stimmung nicht mehr so entspannt.  Menschen mit Fluchterfahrung spüren im Alltag sehr genau, dass sie hier nicht überall so willkommen sind. Das haben sie schon gemerkt, lange bevor Covid dafür gesorgt hat, dass die Stimmung ziemlich in den Keller gerauscht ist. Diese psychologische Komponente spielt in der Arbeit mit den Teilnehmer*innen eine große Rolle. Positiv ist, dass es in den letzten Jahren eine gewisse Rechtssicherheit gibt. Selbst der etwas ernüchterten Stimmung in der Gesellschaft können wir Gutes abgewinnen, in dem  Sinne, dass das Thema nicht mehr so akut „interessiert“. Dies erlaubt in der täglichen Arbeit eine gewisse Ruhe. Es ist möglich, Dinge anzugehen, ohne in der Hektik des Ausnahmezustands improvisieren zu müssen.

Haben Sie noch Kontakt mit Absolvent*innen der ersten Stunde?

Fourestié: Ja, ich treffe manchmal welche, die im August 2015 hier im ersten Durchgang waren, fünf Jahre später mit abgeschlossener Ausbildung, Familie und Kinder, mit einem Job als Facharbeiter*in, fest angestellt im Hotel. Da bin ich einfach begeistert zu sehen, wie sie ihr Leben in die eigene Hand genommen haben, einen völlig neuen Start gewagt haben und zu Berliner*innen geworden sind. Insbesondere erinnere ich mich gerne an einen Teilnehmer aus Bangladesch, der an einem der ersten externen Betriebspraktika teilnehmen sollte, die wir 2016 organisiert hatten, in der euphorischen Stimmung, die ich vorhin schilderte. Er ist am Sonntagabend krank geworden, und am Montagmorgen sollte er sein Praktikum anfangen. Er konnte niemanden erreichen und nicht hingehen, ohne uns informieren zu können, war ihm so unangenehm, dass er an seiner Stelle einfach einen Kumpel dahin geschickt hat, zum Praktikum. Die Personalverwaltung des Hotels rief bei uns an, ziemlich irritiert, dass dieser junge Mann, den sie vorher nie gesehen hatten und dessen Namen sie gar nicht kannten, darauf beharrte, als Küchenhelfer anfangen zu wollen. Er hat dann allerdings den Praktikumsplatz bekommen!

Wie erfolgreich ist ARRIVO BERLIN in der Vermittlung von Geflüchteten?

Van Hove: Um ein Gefühl davon zu geben: Von etwa 1.000 Menschen, die wir im letzten Jahr als Teilnehmende bei ARRIVO BERLIN hatten, haben es ein Viertel in den Job oder in die Ausbildung geschafft. Diese Zahl hält sich konstant von Jahr zu Jahr. Also den Sprung schafft in der Regel etwa ein Viertel der Teilnehmenden. Wir haben im Umgang mit dieser Zielgruppe sehr viel Erfahrung gesammelt, mit Blick auf den Arbeitsmarkt und auf die Fachkräftesicherung. Das verdanken wir auch der Kontinuität, mit der wir arbeiten konnten, die ja auch politisch ermöglicht wurde: Der Berliner Senat hat ARRIVO BERLIN stark unterstützt, und dann, ab 2016 auch durch den „Masterplan Integration und Sicherheit“ und später durch das „Gesamtkonzept zur Integration und Partizipation Geflüchteter“ gestärkt.

Fourestié: Wir waren bei ARRIVO BERLIN in vielen Bereichen ein bisschen die „Frontrunner“, wir haben immer darauf aufmerksam gemacht, welche neu entstandenen Probleme es gab, dadurch, dass es so viele Geflüchtete in der Ausbildung gab. Aber Nachhilfe war für sie noch nicht zugelassen, und Ausbildungsbeihilfe für sie war auch noch nicht in allen Feldern vorgesehen. Probleme, die wir im beruflichen Alltag früh bemerkt haben, sind ein Jahr oder sechs Monate später in der Politik angekommen und es wurden Lösungen dafür gefunden, nicht nur für Einzelfälle, sondern auch auf der Ebene der Verwaltung und der Politik.

Türke: Die Berliner Politik reagierte mit den ersten Maßnahmen auf die Besetzung des Oranienplatzes durch Geflüchtete. Die Vielfalt an Angeboten, die es heute gibt, gab es damals nicht. Wir hatten 2016 beispielsweise Probleme, was ausbildungsbegleitendende Sprachkurse anging. Es gab Integrationskurse, und auch Berufssprachkurse – in Vollzeit. Zudem waren viele Azubis nicht BAMF-berechtigt und konnten also an den Kursen gar nicht teilnehmen. Der Zugang zu Sprachkursen wurde erst 2019 erleichtert. Bis dahin hatten wir das Problem, wie schaffen wir es, diese Menschen in eine Ausbildung zu bringen und parallel sprachlich zu fördern. Vor allem einer Initiative von Unternehmen wie unter anderem Bayer oder Gewobag, unterstützt von der IHK Berlin, Handwerkskammer Berlin und der UVB  ist es zu verdanken, dass ein Modellversuch gestartet ist, Sprachkurse direkt an den Berufsschulen anzubieten. Wir haben damals eine Kooperation mit der Volkshochschule Kreuzberg gestartet, für die Geflüchteten, die nicht berechtigt waren, die BAMF-Sprachkurse zu besuchen. Das hat sich dann 2019 erledigt, als diese Hürden gefallen sind. Durch eine Kooperation mit der HU Berlin konnten wir auch Studierende, die Deutsch im Mehrsprachigkeitskontext studieren, unseren Teilnehmer*innen als Tandempartner vermitteln. Mittlerweile gibt es ein breites Repertoire an Angeboten, auch an welchen, die sehr berufsbezogen und praxisorientiert sind.

Van Hove: Wir versuchen, bei ARRIVO BERLIN nicht nur die Teilnehmenden sprachlich berufsbezogen zu fördern, sondern auch die Lehrenden so zu professionalisieren, dass sie bei den Geflüchteten einen sehr joborientierten Spracherwerb fördern können. Wir haben dafür den Oberbegriff „Integriertes Fach- und Sprachlernen“, das vom Teilprojekt „ARRIVO BERLIN Wege zum Berufsabschluss“ vorangetrieben wird.

ARRIVO BERLIN schließt zehn Teilprojekte ein. Welche Rolle spielt die Koordinationsstelle?

Van Hove: Wir von der Bus gGmbH haben seit 2019 die Koordinierung übernommen, mit dem Ziel, die Vernetzung und die Angebote zwischen den Teilprojekten besser zu koordinieren und abzustimmen, damit für alle sichtbar wird, wo die Schnittstellen und Überschneidungen sind und wo man voneinander profitieren kann. Diesen Austausch praktizieren wir auch nach außen: Wir nehmen oft an Veranstaltungen teil, in Präsenz, als es noch möglich war, und seit der Covid19-Pandemie online, um neue Impulse, neue Multiplikatoren, neue Ideen hereinzutragen. Die zweite Aufgabe ist die Öffentlichkeitsarbeit, die dazu führen soll, dass ARRIVO BERLINO als Dachmarke wahrgenommen wird, als Qualitätsname für die Integration von geflüchteten Menschen in Berlin und als Anlaufstelle für die Unterstützung Richtung Ausbildung und Beruf in Bereichen mit drohendem oder bereits existentem Fachkräftemangel.  Die Koordinationsstelle ist schließlich für das Controlling zuständig, für die Erfassung der Zahlen hinter den Maßnahmen und Angeboten der Teilprojekte.

ARRIVO BERLIN - Projekte umfassen viele verschiedene Bereiche, vom Handwerk über soziale Berufe bis zur Gastronomie. In welchen Branchen gelingt es leichter, Geflüchtete einzubinden, in welchen ist es schwieriger?

Türke: Die Hotel- und Gastwirtschaft ist traditionell die Branche, in der es besonders viele internationale Kräfte gibt und die bereit ist, Menschen relativ früh aufzunehmen, selbst wenn sie noch nicht perfekt Deutsch sprechen. Auch das Handwerk ist schon immer sehr offen gewesen. Gefahr ist hier natürlich immer, dass es auf der praktischen Seite dann zwar gut läuft, aber wenn es dann um den theoretischen Teil in der Berufsschule geht, kommt es dann schnell zur Überforderung wegen der fehlenden Deutschkenntnisse. In den sozialen oder Gesundheits- Berufen, so wie auch in den kaufmännischen Bereichen müssen die Unternehmen von Anfang an mehr darauf achten, ob die Sprachkenntnisse für die Anforderungen ausreichen. Aber egal welche Branche, ARRIVO BERLIN unterstützt alle Unternehmen, die Geflüchtete ausbilden oder beschäftigen wollen.

Fourestié: Es stimmt, dass die Gastronomie Geflüchtete mit knappen Sprachkenntnissen leichter integrieren kann. Schon vor 2015 hatte ca. jeder dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Hotel- und Gaststättenbranche einen Migrationshintergrund. In dieser Branche spielen formelle Ausbildung, Papiere oder Abschlüsse keine übergeordnete Rolle, es ist erstmal leichter in Arbeit zu kommen. Andererseits ist der Stellenwert einer Ausbildung  im Hotel- und Gaststättengewerbe traditionell nicht besonders hoch. Die Motivation, eine Ausbildung anzufangen ist gering, da es auch ohne Qualifizierung leicht ist,  seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das ist  kein positives Kriterium, denn „gute Arbeit“ ist uns sehr wichtig. Es geht uns nicht darum, Menschen auf Jobs im Niedriglohnbereich vorzubereiten, sondern  diese zu Facharbeiter*innen zu qualifizieren.

Laut Studien sind geflüchtete Frauen viel weniger als Männer an Ausbildungsmaßnahmen beteiligt. Wie ist es bei ARRIVO BERLIN?

Van Hove: 2015 waren unter den Geflüchteten bundesweit etwa 30 Prozent Frauen, heute sind es um die 40 Prozent. Bei ARRIVO BERLIN waren 2017 20 Prozent der Teilnehmenden Frauen, heute sind es 25 bis 30 Prozent. Die Zunahme könnte daran liegen, dass einfach mehr Frauen gekommen sind, und dass ihre Zunahme bei ARRIVO BERLIN dies widerspiegelt. Aber ich vermute mal, dass es auch damit zu tun hat, dass die Teilprojekte in dieser Hinsicht sensibilisiert und sehr aktiv sind. Bei den Übungswerkstätten gibt es ein spezifisches Frauenprojekt im Handwerkbereich – von Zweiradmechanik bis hin zu Friseurin oder Kosmetikerin. Im Bereich Soziales wiederum würde man eher mehr Frauen erwarten. In der Praxis gibt es aber fast eine Genderparität und nimmt das Projekt fast genauso viele Männer mit Fluchthintergrund wie Frauen auf.

Türke: Die Übungswerkstätten waren von Anfang an sehr aktiv, sie haben schon 2016 das Projekt für Frauen gestartet. Wir haben uns als Servicebüro für Unternehmen auch überlegt, was können wir tun, um Frauen anzusprechen, damit die Beteiligung von Frauen höher wird, zumal die Unternehmen den Wunsch haben, auch geflüchteten Frauen eine Chance zu geben. So haben wir zum Beispiel eine Veranstaltungsreihe initiiert, die sich ‚Frauenkarrieren‘ nennt, explizit für geflüchtete Frauen, wo Unternehmen ihre Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten vorstellen können.

Die Hotel- und Gastwirtschaft ist am schwersten von der Pandemie betroffen. Wie sind Sie durch diese Zeit gekommen?

Fourestié: Die ganze Branche hat sehr gelitten, die Perspektive fehlte. Ausbildungsverträge sind 1 ½ Jahre nach hinten verschoben worden. Da  das Hotel- und Gaststättengewerbe auch dafür bekannt ist, dass die Löhne niedrig sind und die Arbeitszeiten unangenehm, haben sich viele, die es vielleicht trotzdem ausprobieren wollten, doch anders orientiert. Wir arbeiten auch mit Menschen, die geduldet sind.  Diese benötigen aufgrund dieses Status Arbeitsverträge und können sich nicht leisten, dass diese gekündigt oder verschoben werden oder dass aus Arbeit Kurzarbeit wird. Ein anderes Problem war, dass viele unserer Teilnehmer*innen nach wie vor in Gemeinschaftsunterkünften wohnen. WLAN und eine technische Ausstattung sind dort selten ausreichend, um den Unterricht zu verfolgen. Das hat uns zu schaffen gemacht. Gleichzeitig haben wir im Umgang mit unseren Kooperationspartnern als auch mit unseren Teilnehmer*innen andere technische Möglichkeiten eingeführt und intensiv praktiziert. Wir müssen nicht für jedes einzelne Gespräch die Teilnehmer*innen ins Bildungszentrum einladen oder ihnen eine Stunde Fahrt  durch die Stadt zumuten. Digitale Lösungen sind mittlerweile Alltag geworden, etwas, das wir aufgrund unserer durchweg positiven Erfahrungen auch über die Pandemie hinaus bewahren werden. 

Van Hove:  Im Allgemeinen hat die Pandemie bei den Teilnehmenden dazu geführt, dass der Spracherwerb behindert wurde, dadurch, dass Angebote ausgefallen sind, dass es die erwähnten technischen Probleme beim Digitalunterricht gibt, vor allem aber durch die soziale Isolation und den Mangel an Kontakten. Die Anzahl der Teilnehmenden ist bei ARRIVO BERLIN durch die Pandemie allerdings nicht geringer geworden. Das, was geringfügig abgenommen hat, ist die Vermittlung in Ausbildungsplätze oder Jobs, weil die Betriebe vorsichtiger geworden sind, da sie durch die Pandemie weniger Planungssicherheit hatten.

Türke: Was die Ausbildung angeht: hinzu ist gekommen, dass die Berufsschulen geschlossen waren. Sprachkurse und Nachhilfe erst gar nicht und dann nur online angeboten werden konnten. Die ganzen Unterstützungsmöglichkeiten brachen also für eine ganze Zeit weg. Dass hat auch Teilnehmende einer Einstiegsqualifizierung schwer getroffen, da sie sich unter den Umständen schwer auf die Ausbildung vorbereiten konnten. Zudem war es vielen Unternehmen nicht möglich unter den nötigen Hygienemaßnahmen Praktika anzubieten

Wie geben Sie den Schatz an Erfahrung, die ARRIVO BERLIN- Projekte in diesen Jahren gesammelt haben, an andere Träger weiter?

Van Hove: Wir vernetzen uns systematisch mit Multiplikator*innen. Wir schauen uns an, wie andere es machen und zeigen, wie wir es tun. Es findet permanenter Austausch statt. In kompakter Form wird dies am 15. März 2022 stattfinden, bei der Fachkonferenz „Integration. Made in Berlin. Geflüchtete Menschen auf dem Berliner Ausbildungsmarkt: Erreichtes, Künftiges, Good Practices“. Wir werden insgesamt acht Workshops haben, bei denen Teilprojekte von ARRIVO BERLIN gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern gewisse Themen, die uns und ihnen besonders am Herz liegen, lösungsorientiert diskutieren werden. Mit Oliver Kurz von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) Berlin Brandenburg blicken wir auf das zurück, was seit 2015 geleistet wurde. Bezogen auf die Zukunft werden wir uns fragen, was wir besser tun können und wie es weiter gehen kann. 

Wer wird dabei sein?

Van Hove: Eingeladen sind Vertreter*innen und Praktiker*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Trägerlandschaft an. Das Ziel ist, Wissen und Erfahrungen zu teilen und Vernetzung und Kooperation zu stärken.

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